10 Jahre Condrobs Bayreuth

Nach wie vor stellt die Flut an Crystal-Meth-Abhängigen die größte Herausforderung dar, sagt Madeleine Nordhaus. Der Verein macht darauf aufmerksam, dass in dieser Hinsicht „Tatendrang“ nötig sei. So seien zum Beispiel in Fällen von Kindern, die in suchtbelasteten Familien aufwachsen, mehr Hilfestellungen nötig. Durch die Corona-Pandemie seien viele Formen von Unterstützung und Hilfeleistungen vernachlässigt worden. Vor allem Kinder und Jugendliche seien durch ihre Umwelt höheren psychischen Belastungen ausgesetzt als früher. Zukunftsängste würden durch die zahlreichen Krisen wie den Klimawandel oder den Krieg in der Ukraine vermehrt geschürt. Condrobs Bayreuth arbeitet deshalb daran, eine Jugendsuchtberatungsstelle zu eröffnen. Seit letztem Jahr bietet Condrobs Suchtkranken auch „niedrigschwellig“ das sogenannte Take-Home-Naloxon an, ein einfach anwendbares Nasenspray, dass im Drogennotfall Leben retten kann.

Die Abteilung Condrobs Bayreuth, die im April zehn Jahre besteht, bietet betreutes Wohnen aber nicht nur für Suchtkranke an – ein Bereich, in dem die Kurier-Stiftung „Menschen in Not“ in Einzelfällen hilft, vor allem, wenn den betroffenen Menschen Geld fehlt.  Vor zehn Jahren fing alles an mit der Puerto Einrichtung für minderjährige Unbegleitete in der Himmelkronstraße. Im Zuge der Flüchtlingskrise wurde der Bereich im Jahr 2015 ausgebaut: es folgte mit der Easy Contact Wohngemeinschaft für Jugendliche mit Suchtgefährdung und psychosozialen Schwierigkeiten eine weitere Einrichtung in der Kollwitzstraße. Hier werden alle Jugendlichen aufgenommen – ungeachtet ihrer Herkunft oder der Art ihrer Probleme. Auch zwei Einrichtungen in Pegnitz wurden im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise eröffnet. Nebenbei offeriert man in Bayreuth mittlerweile alle anderen Angebote, für die Condrobs heutzutage steht. Dazu gehören neben Angeboten für Erwachsene im Rahmen von Sucht- und psychischen Erkrankungen auch Ambulante Erziehungshilfen wie sozialpädagogische Familienhilfe, Erziehungsbeistandschaften oder begleitete Umgänge. In Zusammenarbeit mit der Stadt Bayreuth kümmert sich der Verein auch um Menschen, die aufgrund besonderer Lebensverhältnisse in sozialen Schwierigkeiten stecken. Dies betrifft zum Beispiel Obdachlose oder Menschen, die von der Obdachlosigkeit bedroht werden und ihre Probleme alleine kurzfristig nicht bewältigen können. In Creußen gibt es darüber hinaus seit kurzem eine Notunterkunft für Flüchtlinge aus der Ukraine. Die Aufnahmemöglichkeiten für die Betreuungsangebote sind jedoch begrenzt: „Unsere Plätze sind aktuell alle belegt, die Nachfrage ist aber mindestens doppelt so groß. „Wenn ein Platz frei ist, wird er sofort wiederbesetzt. Wir haben täglich allein für betreutes Wohnen Anfragen von mindestens drei Hilfebedürftigen“, so Nordhaus. Beim betreuten Wohnen ginge es in erster Linie darum, Menschen, die ihre Probleme überwinden wollen, wieder in die Gesellschaft zu integrieren, so dass sie anschließend auf eigenen Beinen stehen können. Die größte Herausforderung bestehe dabei darin, bereits therapierten Suchtkranken, die ein drogenfreies Leben führen möchten, den Wiedereinstieg in das Berufsleben zu ermöglichen.

Die Lücken im Lebenslauf machen viele Arbeitgeber argwöhnisch. Dass Bewerber heutzutage bei fast allen Berufen ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vorlegen müssen, erschwere das Unterfangen zusätzlich. „Dabei werden nur Klienten bedient, die auch wirklich ein drogenfreies Leben wollen. Wenn sich zeigt, dass dies nicht der Fall ist, beendet Condrobs die Hilfe.“ Das Stigma, dass illegalen Drogen anhaftet, sei außerordentlich hartnäckig. Die legale Droge Alkohol sei gerade in Bayern weniger stigmatisiert, würde aber ähnlich viele Suchtprobleme verursachen. „Jede Suchterkrankung ist eine Erkrankung, die aus verschiedensten Gründen entstehen kann, wie viele andere Krankheiten auch. Für Sucht wird jedoch oft wenig bis gar kein Verständnis aufgebracht. Es würde schon helfen, wenn die Gesellschaft akzeptieren würde, dass es sich um eine Krankheit handelt.“

Dennoch bringt die Betreuung zahlreiche Erfolgsfälle hervor, die anschließend in der Gesellschaft ankommen und Berufen nachgehen oder studieren. „Es schaffen wahnsinnig viele, anschließend ein drogenfreies Leben zu führen.“ In Bayreuth arbeiten aktuell über 50 Mitarbeiter für Condrobs. Dazu kommen noch zahlreiche Ehrenamtliche, die über das Ehrenamtszentrum vermittelt werden und Familien beim Einkaufen helfen. Viele Studenten helfen den Kindern bei ihren Hausaufgaben oder geben Deutschunterricht. Vom Fachkräftemangel sei Condrobs Bayreuth aktuell nicht betroffen. „Als Verein hilft es, sich kreative Gedanken zu machen, wie man sich die Fachkräfte herholt und fördert. Wir arbeiten beispielsweise viel mit dualen Studenten und stehen mit der Heilerziehungspflegeschule in Kontakt, von der wir regelmäßig Praktikanten vermittelt bekommen.“ Die Abteilung in Bayreuth finanziert sich größtenteils über das Jugendamt, den Bezirk und über Spenden. Letztere sind besonders wichtig für die Finanzierung von neuen Einrichtungen. Spendenaufrufe findet man auf der Website von Condrobs. Abschließend möchte Madeleine Nordhaus noch einen grundlegenden Appell an die Bevölkerung richten: „In der heutigen Gesellschaft wäre es schön, wenn die Menschen ihre Komfortzone öfter mal verlassen und mehr auf andere Menschen schauen würden und diese so akzeptieren würden wie sie sind, trotz etwaiger aktueller Schwierigkeiten.“

Von Maximilian Stigler
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